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​Brief von Prof. Glutz von Blotzheim an Bundesrätin Simonetta Sommaruga betreffend Windenergie


Urs N. Glutz von Blotzheim ist emeritierter Professor der Universität Bern und Ehrendoktor der Universität Freiburg. Glutz von Blotzheim ist weltbekannter Zoologe und Ornithologe und gilt als Doyen der Schweizer Vogelkundler. Sein Lebenswerk ist das «Handbuch der Vögel Mitteleuropas», welches in 14 Bänden erschienen ist und bis heute das Standardwerk der deutschsprachigen Ornithologie darstellt.

 


Prof. Dr. Dr. h.c. Urs N. Glutz von Blotzheim


Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga

Vorsteherin des Eidg. Departements für Umwelt, Verkehr, Energie & Kommunikation


Schwyz, den 12.12.2021


Windenergie


Sehr geehrte Frau Bundesrätin


Weihnachten ist auch ein Fest des Schenkens und die Neujahrstage sind eine Zeit der Besinnung und der guten Vorsätze. Deshalb gestatte ich mir, Ihnen das beiliegende Buch zu schicken, in der Hoffnung, dass Sie Zeit finden, mindestens darin zu blättern. Ich bedaure, dass sich der Autor nicht kürzer hat fassen können, sehe darin aber einen Ausdruck höchster Betroffenheit, die ich mit ihm uneingeschränkt teile.


Dass die Windkraft auch in der Schweiz trotz starkem Widerstand der Bevölkerung gegen die Landschaftszerstörung bei zu geringem Nutzen und auf Kosten des Naturschutzes forciert werden soll, ist nicht nur für mich erschütternd. Viele von uns machen sich Sorgen um die Bio-diversität; aber bestenfalls wenn von uns genutzte Ressourcen knapp werden, beginnen wir uns um deren Schutz zu kümmern. Der Vollzug der als notwendig anerkannten Korrekturen erfolgt selbst dann meist nur schleppend.


Als profunder Kenner der ornithologischen Fachliteratur Mitteleuropas stelle ich fest, dass grossräumig Nahrungsmangel in Folge der Intensivierung der Landwirtschaft, Vitalitätsverlust durch Umweltgifte, Lebensraumverlust, Tod an Windenergieanlagen, Freileitungen, im Bahn- und Strassenverkehr sowie an Gebäuden (Glasopfer), Prädation, Störungen durch Freizeit-aktivitäten (inkl. Feuerwerk) sowie direkte anthropogene Verfolgung zu den wichtigsten von uns steuerbaren populationsökologischen Negativ-Einflüssen zählen. Die Gewichtung der Ur-sachen durch die Wissenschaft ist wegen enormem Aufwand schwierig; manche der die Wind-kraftlobby unterstützenden Leserbriefautoren tun sich damit unverantwortlich leicht. Kumulative Wirkung ist indes evident, weshalb das Erreichen der Biodiversitätsziele unmöglich bleibt (Ehrlichkeit wäre gefragt), solange zu den immer noch nicht behobenen Ursachen neue zugelassen werden. Klimapolitik (eine global zu lösende Aufgabe) auf Kosten von Natur- und Landschaftsschutz (Beraubung und Verschandelung unseres Landes) ist für viele von uns, längst nicht nur die direkt Betroffenen, nicht akzeptabel.


Dankbar für entsprechend subtile Prioritätensetzung – vor allem Solarenergie! – wünsche ich Ihnen frohe Festtage und ein glückliches Neues Jahr.


sig. U. Glutz


Beilage: W. Epple, Windkraftindustrie und Naturschutz, Studie für die Naturschutzinitiative e.V. (Nl) 2021

 

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